Ursula Palla, Empty Garden 2, 2019 – 2022.
37 Bronzeskulpturen patiniert,
Video-Loop (12 Min.), ca. 180 x 650 x 300 cm
Inv. V12
Das zentrale Thema der aus Graubünden stammenden Künstlerin Ursula Palla ist das Verhältnis zwischen dem Menschen und seiner natürlichen Umgebung. Für «Empty Garden 2» sammelte sie Wildpflanzen und fertigte daraus Bronzegüsse an. Die sich ansonsten in dauerhaftem Wandel befindende Pflanzenwelt wurde dadurch aus dem Fluss der Zeit gerissen und verstetigt. Eine bewegte Projektion der Schatten erinnert an ihre ehemalige Dynamik und betont in ihrer Künstlichkeit die Absenz der Lebendigkeit: In diesem Garten wächst und verwest nichts. Ein Hauch von Dystopie entsteigt diesem raumgreifenden und zugleich filigranen Arrangement.
Ausgangspunkt der Arbeit war die Auseinandersetzung mit Claude Monets Garten im französischen Giverny. Dieser wurde von ihm angelegt und taucht in mehreren Werken des Künstlers auf. Der Garten ist geprägt von einer exquisiten Auswahl an Pflanzen, die von einem idealisierten Naturbild zeugen und bewusst Assoziationen an überalltägliche, gar paradiesische Zustände auslösen wollen. Heute ist er als Teil der Fondation Claude Monet öffentlich zugänglich und wird mit der Zielsetzung bewirtschaftet, den Originalzustand des 19. Jahrhunderts nachzubilden.
Ursula Palla entdeckte bei einem Besuch im Januar 2013, dass sich regionale Wildpflanzen während der Winterzeit in den ansonsten streng reglementierten Gartenflächen ausbreiteten. Die Rückeroberung der Flächen durch Wildpflanzen inspirierte sie zu ihrem eindrücklichen bronzenen Garten, der nun einen festen Platz in der Sammlung der Sturzenegger-Stiftung gefunden hat.
Die Videoarbeit «Flowers 4» wurde im holländischen Aalsmeer gedreht, dem weltweit grössten Umschlagplatz für Schnittblumen. Zu sehen sind zwei Arbeiter, die Blumen und Gräser wie Astern, Nelken, Schleierkraut und Rosen von Hand in ein Farbbad tauchen, ausschütteln und verpacken. Sie kommen damit den individuellen Farbbedürfnissen der Kundinnen und Kunden nach. Da Züchtungen in den jeweiligen Farben häufig teurer oder aufwendiger sind, wird der Nachfrage auf diese Weise Abhilfe geschaffen. Die Künstlerin äussert sich zum Werk wie folgt: «Das Video zeigt Auszüge des Arbeitsalltags der Färber, wo der Blumenduft dem Geruch synthetischer Farben weicht. Blumen, ein Inbegriff der natürlichen Schönheit, werden zur Metapher des Künstlichen – und Kostbares wird zur Austauschware und zu Sondermüll.»
Ursula Palla, Flowers 4, 2002 – 2003.
Video-Loop (7 Min.), Grösse variabel,
Inv. V11
Neben den sich aufdrängenden Gedanken zur Absurdität manch ephemeren Wohnungsschmucks beinhaltet das Video zudem einen – wohl ungewollten, aber dennoch nicht weniger treffenden – Beitrag zu Auftrittsformen der Malerei: Während des Färbeprozesses wird aus der Werkstatt ein dreidimensionaler Bildraum, der durch Sprühen und Drippings intensiv mit Farben bearbeitet wird und mit einem Resultat aufwartet, das mit etwas Fantasie als Werk in der Tradition des abstrakten Expressionismus gelesen werden könnten.
Die Neuaufnahme von Ursula Palla in die Sammlung der Sturzenegger-Stiftung ist Teil der Sammlungsstrategie, die Verbindung der Gegenwartskunst mit anderen Abteilungen des Museums – hier der Naturabteilung – auf Sammlungsebene gezielt zu stärken.
Julian Denzler, M. A.
Kurator Gegenwartskunst, Museum zu Allerheiligen
Hier finden Sie die ausführliche Beschreibung dieser Neuerwerbungen aus dem Jahresbericht 2023/2024.
Fotos: Ivan Ivic, Ivic Werbeagentur, Neuhausen